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Gedanken zu Aromahefen

Es gibt keine Aromahefen

Ich habe anlässlich einer Facebook-Diskussion hier mal superkurz zusammengefasst, warum ich die Bezeichnung „Aromahefe“ für im Weinbau verwendete Reinzuchthefen ablehne.

Der Begriff „Aromahefe“ ist verwirrend und nicht angebracht, da viele Verbraucher und auch in der Weinbranche beschäftigte Menschen glauben, durch diese Hefen würden Aromastoffe von außen künstlich in den Wein verbracht.

Es sei hier nochmals deutlich gesagt: Dies ist NICHT so. Auch die -von der Industrie selbst so genannten- Aromahefen generieren Aromen AUSSCHLIESSLICH aus im Most selbst vorhandenen Aromavorstufen. 

Es gibt allerdings viele verschiedene Hefen, die individuell unterschiedlich ausgeprägte Fähigkeiten haben, die Aromavorstufen verschieden gut zu schmeckbaren Aromen umzuformen, die mehr oder weniger effektiv in der Produktion von Alkohol, Fuselalhoholen oder Essigsäure sind. Daher gibt es durch Selektion verschiedener Stämme auch solche Hefen, die helfen, in relativ geringem Maß, einen Most in bestimmte Fruchtrichtungen zu vergären. Es ist allerdings nicht möglich, wie gerne kolportiert, durch Einsatz der „Richtigen Hefe“ aus einem Merlot einen Cabernet zu machen.

Und nach wie vor gilt: Auch Reinzuchthefen (RZH) sind NATÜRLICHE HEFEN, Genmanipulation ist VERBOTEN.

Ebenso werden RZH vor allem dazu eingesetzt, einen schnellen Gärbeginn, einen sicheren Gärverlauf bis Zuckergehalt 0 zu garantieren, der gleichmäßig und ohne viel Schaum abläuft.

Auch ich persönlich finde die Idee der Spontanhefen sehr charmant, die Glorifizierung der Spontangärung als „Einzig wahre Möglichkeit einen Terroirwein zu machen“ verbunden mit der Verdammung der RZH als „künstlich“ und „industrieell“ kann ich so allerdings nicht sehen.

Für diejenigen, die das nachlesen wollen, gibt es einen schönen Artikel, der den Wissensstand auch graphisch zusammenfasst: 

Review of Aroma Formation through Metabolic Pathways of Saccharomyces cerevisiae in Beverage Fermentations 

Marissa B. Hirst1 and Chandra L. Richter1*  im American Journal for Enology and Viticulture 67:4 (2016)

Superkurz hier meine Zusammenfassung:

Hefen generieren Aromen in verschiedener Weise:

  • Aus Aromavorstufen, die an Glycose gebunden sind
  • Bildung von Terpenoiden aus Vorstufen wie Geraniol Pyrophospate, 
  • Bildung von Ethanol
  • Bildung von Fuselalkoholen (bis 300 mg/L Fruchtiger Geschmack) aus Proteinen in der Frucht
  • Bildung von Estern aus Fuselalkoholen , Ethanol oder Acetaldehyde
  • Bildung von Essigsäure
  • Bildung von Diacetyl
  • Bildung von aromatischen Schwefelverbindungen

Die Hauptvariablen für die Produktion und den erhalt dieser Aromastoffe sind: Vorhandensein gärfähiger Kohlenstoffe (Zucker), Stickstoffversorgung und die Umwelteinflüsse während der Gärung (Sauerstoffversorgung, Temperatur)

Falls ich nicht auf dem aktuellen Stand der Diskussion bin, bitte ich jederzeit um Hinweise, ich lerne begierig dazu.